Es fühlte sich an, wie in einem Pulli zu stecken, der kratzt. Du trägst ihn trotzdem, weil du dir darin gefällst und weil er so gut zu deiner neuen Jeans passt. Natürlich hättest du die gar nicht erst kaufen müssen – und spätestens dann endlich ein Argument dafür, das störende Teil auszusortieren. Aber wie das so ist im Leben: Frau passt die Möglichkeiten ihren Wünschen an. Oder ist es umgekehrt?
Hin und wieder dachte ich darüber nach, den Pulli in die Tonne zu befördern. Aber ich verwarf den Gedanken wieder und redete mir ein, dass andere froh wären, ihn zu besitzen und ich mich doch nicht so anstellen müsse. Und überhaupt: Wollte ich nicht längst schon mit dem Jammern aufgehört haben?
In einer Zeitschrift für den perfekten Flow stieß ich auf einen Artikel, der Heilung versprach. Die Idee: Man schaffe sich ein Armband an, das bei jedem Ausdruck des Jammers den Arm wechseln sollte. So soll man sich bewusst darüber werden – und im Bestfall trägt man es irgendwann tatsächlich einen kompletten Tag an einer Seite. Ausprobiert habe ich das nie.
Doch zurück zum Pulli: Irgendwann entschied ich, dass es so nicht weitergehen könne. Schließlich stopfe ich auch kein Gluten in mich rein, wenn ich weiß, dass ich es nicht vertrage. Warum zog ich mir dann um Himmelswillen immer wieder diesen Pulli an?
„Jetzt reicht’s!“, dachte ich und fasste all meinen Mut zusammen. Woher der kam, das weiß ich bis heute nicht. Und auch, wenn der Pulli nicht direkt in der Tonne landete, so liegt er jetzt unbeachtet in der hintersten Ecke meines Kleiderschrankes. Man weiß ja nie.
Alles, was ich weiß, ist, dass es sich im Moment einfach falsch anfühlt, ihn zu tragen. Er passt im wahrsten Sinne im Moment einfach nicht – nicht in meine Gegenwart und schon gar nicht auf meine Haut. Um ganz ehrlich zu sein, bin ich mir gar nicht sicher, ob er das jemals getan hat. Aber ohne ihn wäre ich jetzt nicht dort, wo ich gerade bin: außerhalb meiner Komfortzone, die erstaunlicherweise bequemer ist, als es der Pulli vermutlich je sein wird.