Die Kunst der Provokation oder: Wie Werbung wichtig wird.

Vor einiger Zeit fiel mir wieder eine dieser Print-Kampagnen in die Hände, die mich schon vor ein paar Jahren beschäftigte: die von Oliviero Toscani für Benetton. Die Bilder, die der Fotograf in den 80er und 90er Jahren für das italienische Modelabel inszenierte, haben sich tief in des Werbers kulturelles Gedächtnis eingebrannt. Seine Visuals geben einigen Dingen, vor dem die Gesellschaft nur zu gern die Augen schließt, Raum und Betrachtung: Krieg, Sucht, Krankheit und Tod. 

 

 

In einem Interview von 2009 betont Toscani, rückwirkend auf den Erfolg der Kampagne angesprochen: "Ich bin kein Werber, das ist mir wichtig. Ich bin Fotograf und mache Bilder über meine Zeit. Ich habe zwar für die Werbung gearbeitet, aber alles, was ich gemacht habe, war doch gerade das Gegenteil von Werbung. Ich nutze den Kanal der Werbung, um auf die Probleme der Welt aufmerksam zu machen." Kommunikation ist eben nicht nur dazu da, den Domteuren im Werbezirkus eine Manege zu geben, sonder auch, um dem Ungehörtem eine Stimme - und ein Gesicht - zu verleihen. Und das hat Toscani auf unverwechselbare Weise geschafft. 

 

 

Man kann ehrlich behaupten, dass die Benetton-Kampagnen die Grenzen dessen, was Werbefotografie sein kann, verschoben hat. Hier treffen klare soziale Aussagen mit einfachen und dennoch wirksamen Visuals aufeinander, die die Werbewelt so noch nicht gesehen hat. Und auch, wenn die Kampagne höchst umstritten ist - und in Italien sogar verboten wurde - zeigt sie, wozu gute Werbung im Stande ist: sie provoziert und kratzt dabei unangenehm an der sonst oft so oberflächlichen Werbe-Glitzerwelt. Mehr davon, bitte!